2021/Woche 35: Ein Klima der Kooperation?
Im Gegensatz zu vielen größeren Staaten ist Fiji auch persönlich hochkarätig präsent auf dem UN-Klimagipfel in Glasgow. Was kann ein kleiner Inselstaat aus dem Südpazifik dort erreichen?
Fiji bei COP26: Wenn die Zukunft schon Realität ist
Man brauche dieser Tage „mutige und tapfere Partner“ auf der internationalen Bühne, verkündete Fijis Premierminister Frank Bainimarama. Er ist seit 2007 Premierminister und steht mit seinem Land vor einer im wahrsten Sinne des Wortes existenziellen Krise: der ansteigende Meeresspiegel stellt für den über 300 Inseln umfassenden Staat im Südpazifik ein scheinbar unlösbares Problem dar.
Schon heute sind die Auswirkungen der globalen Erwärmung in dieser Weltregion spürbar. Laut Angaben des britischen Commonwealth, zu dem bis heute auch einige Südseestaaten wie Fiji gehören, hat sich die Anzahl der jährlichen auf den Klimawandel zurückzuführenden Naturkatastrophen in den letzten zwei Jahrzehnten in den Mitgliedsstaaten verdoppelt.
Für Fiji bedeutet dies, dass derzeit bereits die Umsiedlung von 75 Ortschaften in Angriff genommen wird; noch vor ein paar Jahren waren es nur 40 solcher Umsiedlungen, die für dringend notwendig erachtet wurden.
Das Land steht repräsentativ für andere Staaten und Territorien im Südpazifik. Weitgehend ohne signifikante Industrie und Einkommensquellen abseits des Tourismus stehen diese Länder, die sich in der Staatengrupep der Small Island Developing States innerhalb der UN organisiert haben, für eine aktive und lösungsorientierte Klimapolitik der Weltgemeinschaft. Diese Gruppe ist eine der lautstärksten, wenn es um die Verpflichtung zu konkreten Klimazielen für alle Staaten geht. Gerade auch bei den Verhandlungen zum Pariser Klimaabkommen war ihr Input entscheidend.
Eigentlich wollten sie auch bei der 26. „Conference of Parties“ oder COP26 in Glasgow präsent sein. Doch durch die zahlreichen Beschränkungen des Flugverkehrs während der weltweiten Corona-Pandemie und durch die geografische Distanz haben nur wenige Vertreterinnen und Vertreter dieser Staaten ihren Weg nach Schottland gefunden. Reuters zitiert folgende Anekdote aus Glasgow (meine Übersetzung):
"Dies ist die dünnste Vertretung der pazifischen Inseln bei einer COP, die es je gegeben hat", sagte Satyendra Prasad, Botschafter Fijis bei den Vereinten Nationen in New York.
„Es war sehr, sehr hart. Der größte Teil unserer Region ist abgeriegelt - es gibt keine Flüge wegen COVID", sagte er der Thomson Reuters Foundation.
Regierungsbeamte aus Fiji, die zu Hause geblieben waren, versuchten auch, die komplexen Verhandlungen in Glasgow mitten in der Nacht zu verfolgen, oft mit unzuverlässigen Internetverbindungen.
"Fiji liegt auf der anderen Seite des Globus. Wenn wir hier ein Loch graben würden, kämen wir wohl auf Fiji heraus", sagte er lachend […].
Trotz der geringen Vertretung vor Ort war auch die pazifische Zivilbevölkerung auf den Straßen Schottlands in den letzten Tagen bei Demonstrationen sichtbar. Premierminister Bainimarama verfasste zudem vergangene Woche auch einen Meinungsbeitrag für Aljazeera. Hier formulierte er ziemlich genaue Forderungen an die reicheren Staaten der Welt:
100 Milliarden $ müssten pro Jahr von reichen Ländern für Entwicklungsländer bereitgestellt werden, um die Klimakatastrophe abzufedern. Diese Mittel seien bereits vor einem Jahrzehnt versprochen worden.
Diese Mittel müssten dringend zur Anpassung an den Klimawandel und seiner Auswirkungen verwendet werden, um zukünftige Schäden gering zu halten.
Fiji sei bereit, so Bainimarama, mit allen denkbaren Akteuren in allen Bereichen eng zu kooperieren. Das spricht einerseits von Verzweiflung. Andererseits zeigt sich hier, dass gerade die am schwersten betroffenen Inselstaaten die Herausforderungen des Klimawandels wirklich ernst nehmen.
Weitere Meldungen zu COP26 siehe unten. Kommende Woche werden wir die Berichterstattung mit einem Blick auf Bangladesh hier fortsetzen.
Weitere Meldungen aus dem Indopazifik
Deutsche Fregatte “Bayern” in Japan: Das deutsche Marineschiff befindet sich derzeit auf sechsmonatiger Tour und hält sich dabei vor allem im Indopazifik auf. Einen “Port Call” konnte man nun in Japan machen. Hinter dem Port Call steckt eventuell mehr als reine Symbolik. Japanische Medien berichteten intensiv über das deutsche Engagement in der Region. Mit der Präsenz vor Ort soll die Bedeutung der Weltregion für die deutsche und europäische Außenpolitik gerade auch vor dem Hintergrund von Chinas wachsendem Einfluss unterstrichen werden.
Gute Nachrichten aus Schottland: Bei der COP26 haben sich die USA und China auf mehr Kooperation beim Klimaschutz geeinigt. Besonders beim Einsparen von umweltschädlichen Gasen wie Methan und bei Emissionen aus dem Straßen- und Flugverkehr möchte man künftig enger kooperieren.
Entscheidung in Südkorea: Nach dem Regierungslager hat nun auch die konservative Opposition ihren Präsidentschaftskandidaten gefunden. Yun Seok-yeol ist für die Leserschaft dieses Newsletters kein Unbekannter. Erst vor ein paar Wochen berichteten wir über die Kontroversen, die Yuns angeblicher Schamanen-Glaube in den sozialen Medien ausgelöst hatte. Dem konservativen Kandidaten weht weiterer Wind entgegen, auch wenn er durch die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit gerade die Umfragen anführt. Sein Konkurrent Lee Jae-myung, der Kandidat von Präsident Moon Jae-ins Demokratischer Partei, kündigte derweil an, dass er ein Sicherheitsbündnis mit Japan und den USA kritisch sehe. Er habe wenig Vertrauen in die Regierung in Tokyo.
“Totgesagte” leben länger: Abe Shinzo, Japans dienstältester Premierminister der vergangenen eineinhalb Jahrhunderte, bleibt auch mehr als ein Jahr nach dem Ende seiner Amtszeit einflussreich in der Regierungspartei LDP. Er führt nun die größte Faktion innerhalb der LDP-Fraktion im Unterhaus an. Sein zweiter Nachfolger, der frisch gewählte Premier Kishida Fumio, konnte nach der Wahl der vergangenen Woche nun sein neues Kabinett bilden. Wenig überraschend bleibt Abes jüngerer Bruder, Kishi Nobuo, weiterhin Verteidigungsminister. In Kishidas Regierung werden nur drei Ministerien von Frauen geleitet. So ist seine ehemalige Konkurrentin um den LDP-Parteivorsitz, Noda Seiko, zur Ministerin zur Bekämpfung der sinkenden Geburtenrate ernannt worden.
Mehr zu Abe Shinzo und seinem reichhaltigen Erbe gibt es dann auch in einer Buchrezension in einer der kommenden Ausgaben.
Keine Gnade für Ungeimpfte in Singapur: Alle, die in dem asiatischen Stadtstaat weiterhin “freiwillig ungeimpft” bleiben wollen, müssen nun ihre Krankenhauskosten bei einer Corona-Infizierung im Zweifel selbst bezahlen. Der Staat werde die Kosten nicht weiter übernehmen. In Singapur sind derzeit über 80% voll geimpft, knapp ein Fünftel der Bevölkerung hat bereits einen dritten “Booster” erhalten, wie die Washington Post berichtet.
Das wars für heute. Kommentare oder Kritik? immer gerne per E-Mail an ausblickost [at] gmail . com oder über Twitter. Dieser Newsletter darf auch gerne an Interessierte weiterempfohlen werden. Bis zum kommenden Freitag und Wohlan!