2021/Woche 34: Mehr Bäume, weniger Kohle
Während andere Länder der Region sich bei COP26 rar machen, ist Südkoreas Moon Jae-in vor Ort. Danach: ein dreitägiger Abstecher nach...Ungarn.
Da ist mir doch glatt der einjährige Geburtstag dieses Newsletters entgangen. Am 30. Oktober 2020 startete der erste Test-Ballon. Seitdem hat sich das Angebot konstant und positiv weiterentwickelt und ist beinahe jeden Freitag erschienen. Vielen Dank an alle Leserinnen und Leser, die von Anfang an dabei waren. Ein herzliches Willkommen an alle anderen!
Aufgrund der Extra-Ausgabe zur Unterhauswahl in Japan vom vergangenen Montag wird es heute ein wenig kürzer. Thematisch bleibt es bunt.
COP26 und der Indopazifik: Zusagen zum Klimaschutz?
Diese und kommende Woche findet im schottischen Glasgow der 26. UN-Klimagipfel statt. Gespannt wartet die intrnationale Gemeinschaft auf verbindliche Aussagen der Staaten zu ambitionierteren Zielen bezüglich Emissionen und der Begrenzung der globalen Erwärmung.
China und Japan machen sich dieses Jahr beide rar. Peking wurde von Washington daher schon gerügt. Japans Regierungschef hat derweil einen Negativpreis erhalten: Premierminister Kishida, der nach der gewonnenen Wahl am vergangenen Sonntag verspätet nach Schottland reiste, wurde als „Fossil des Tages“ für seine Rede am gestrigen Donnerstag ausgezeichnet. Er hatte auf der Konferenz zwar ambitionierte Ziele verkündet, jedoch vollkommen offengelassen, wie man diese erreichen könnte. Japan setzt derzeit auf fragwürdige Technologien wie Wasserstoff, die nicht unter allen Herstellungsbedingungen klimaneutral genannt werden können.
Chinas Regierung ist ebenfalls wenig präsent; KPCh-Generalsekretär Xi Jinping ist nicht angereist, sondern erscheint nur per Videoschalte. Zusammen mit Russlands Präsident Putin wurde Xi auch prompt von US-Präsident Biden wegen seiner Abwesenheit gerügt.
Die relative Abwesenheit von China und Japan erlaubt uns, diese und nächste Woche den Blick auf den Rest des Indopazifiks zu weiten. Dieses Mal steht Südkorea auf der Agenda, nächste Woche soll dann der Fokus auf Fiji und Bangladesh liegen, also auf zwei Staaten, die aufgrund ihrer geografischen Lage schon jetzt stärker vom Klimawandel betroffen sind als andere Länder.
Moon in Glasgow: Der Brückenbauer
Beginnen wir dieses Mal mit Südkorea. Seoul hatte bereits zu Beginn des Jahres verkündet, bis 2050 klimaneutral werden zu wollen, also in der Summe keine weiteren Treibhausgasemissionen zu verursachen.
Präsident Moon verkündete in Glasgow, dass Südkorea zudem bis 2030 40% der jetzigen Emissionen reduzieren wolle. Tatsächlich hat man diese Pläne vor einigen Wochen in Gesetzesform gebracht und zudem eine recht detaillierte Roadmap hin zur Klimaneutralität präsentiert. Zahlreiche Kohlekraftwerke sind bereits vom Netz genommen worden, andere folgen früher als bisher geplant.
Südkorea, so Moon, könne zudem Entwicklungsländer unterstützen; da man selbst in den letzten Jahrzehnten eine erfolgreiche Transformation hin zu einem wohlhabenden Industriestaat vollzogen hat, sehe man sich als Brückenbauer zwischen den reichen und den ärmeren Ländern.
Ein weiterer interessanter Aspekt, der auch die inter-koreanische Kooperation beleben könnte, sind Pläne zur Wiederaufforstung der koreanischen Halbinsel. Mit einem Verweis auf ähnliche Mammut-Projekte nach dem Zweiten Weltkrieg wolle man wieder im großen Stil Bäume pflanzen.
Moon in Budapest: Der Investor
Moon befindet sich tatsächlich für längere Zeit in Europa. Nach dem Auftakt beim G20-Gipfel in Rom am vergangenen Wochenende und dem Auftritt in Glasgow ist er zu einem dreitägigen Staatsbesuch nach Ungarn gereist. Damit ist er der erste südkoreanische Präsident, der in den letzten 20 Jahren offiziell nach Budapest gereist ist. Der Besuch und auch der ungewöhnlich lange Aufenthalt lassen sich mit zwei Ereignissen erklären:
Teilnahme am Visegrad-Gipfel: Ungarn, Polen, die Slowakei und Tschechien treffen sich dieser Tage zu einem Treffen ihrer informellen Staatengruppe. Südkorea, Heimat von einigen der wichtigsten Batterie-Produzenten der Welt, zeigt derzeit verstärktes Interesse, seinen Firmen bessere Produktionskapazitäten in Europa zu verschaffen. Für die Visegrad-Staaten sind das hervorragende Nachrichten: auch China ist an weiteren Auslandsinvestitionen in der Region interessiert. Durch die südkoreanische Konkurrenz könnte man sich in der Volksrepublik veranlasst sehen, die eigenen Investitionen nochmal zu erhöhen.
Jahrestag des Donau-Unglücks: 2019 war ein Ausflugsschiff mit 33 südkoreanischen Touristen in Budapest gekentert. Nur sieben der Reisenden konnten gerettet werden, eine Person konnte bisher noch nicht gefunden werden. Moon gedenkt deshalb vor Ort den Verstorbenen.
Fazit: Das Interesse ostasiatischer Staaten an Zentraleuropa ist rege und dürfte in den kommenden Jahren weiter steigen. Gerade auf Kooperationen bei Wirtschaft und Investitionen sollte man dabei achten.
In eigener Sache: Frühgespräch zu “Chinas neuem Supercomputer”
Am Dienstag konnte ich bei detektor.fm im Frühgespräch mit Christof Windeck vom Computermagazin c’t über sogenannte Superrechner in China sprechen.
Lange lagen die USA bei der Entwicklung von neuen Supercomputern vorne. Auf der neuen Liste der 500 leistungsstärksten Rechner dürften sich demnächst aber auch zwei chinesische Computer befinden, die die Benchmark-Leistung von 1 Exaflops erreichen können. Was das nicht nur technologisch, sondern auch militärisch bedeuten könnte, hat Windeck einmal näher erklärt. Hier direkt zum Nachhören:
Den Artikel des Gesprächspartners gibt es bei heise online zum Nachlesen.
Das wars für heute. Kommentare oder Kritik? immer gerne per E-Mail an ausblickost [at] gmail . com oder über Twitter. Dieser Newsletter darf auch gerne an Interessierte weiterempfohlen werden. Bis zum kommenden Freitag und Wohlan!